Die chinesische App TikTok gilt nicht nur für Marketing Experten als Absatzplattform der Zukunft, denn die App nutzen vor allem Kunden, die weniger als 20 Jahre alt sind. Die App, mit der die Mitglieder kurze Videos – zum Beispiel von den eigenen Gesangskünsten – aufnehmen und teilen können, ist das am schnellsten wachsende soziale Netzwerk der Welt. Allein im ersten Quartal 2018 wurde die App 46 Millionen (!) mal heruntergeladen und mittlerweile nutzen über 1 Milliarde (!) Nutzer weltweit TikTok. Aber hat diese Erfolgsgeschichte auch Schattenseiten? Genau dieser Erfolg ruft in Europa Datenschützer auf den Plan.

TikTok – der Werbemarkt von morgen?

Viele Marketingexperten, die Jugendliche und Heranwachsende erreichen wollen, wissen um die enormen Reichweite der App und konzentrieren ihre Kampagnen auf TikTok. Eine App die den Großteil der unter-20-Jährigen erreichen kann, verspricht eine ungeahnte Resonanz der eigenen Marketingstrategie. Marketingfirmen wie Guess nutzen die Plattform bereits zusammen mit Influencern um appinterne Werbekampagnen zu gestalten und zu realisieren – aber auch andere Institutionen haben die Chancen ergriffen, die TikToks Reichweite ermöglicht. Aus der Perspektive des Datenschutz‘ ist der offizielle TikTok Account der Tagesschau unbedenklich, aber auch das US-Militär benutzt TikTok um Kinder und Jugendliche für die amerikanische Armee zu rekrutieren.

TikToks jugendliche Nutzer dürfen die App eigentlich nicht nutzen

Der Erfolg TikToks bei jungen Internetnutzern ist das größte datenschutzrechtliche Problem der App – schließlich greift die App unheimlich viele personenbezogene Daten ab, wie den Standort, die IP-Adressen, das Nutzerverhalten und vieles mehr. Vor allem die Tatsache, dass viele Nutzer, das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, wirft die Fragen auf, auf welcher Rechtsgrundlage die Daten verarbeitet werden, wie sicher diese Daten sind und wie TikTok diese verwendet/auswertet. Einwilligungen zur Datenverarbeitung ihrer personenbezogenen Daten von Jugendlichen, die jünger sind als 16 Jahre, sind rechtlich unwirksam. Für die Verarbeitung von personenbezogenen Daten von Personen unter 16 Jahren ist die Einwilligung der Erziehungsberechtigten notwendig. Hierfür fehlt der App eine Jugendschutz- und eine Altersprüfung, weswegen in Großbritannien bereits Ermittlungen gegen die Betreiber der App von den staatlichen Datenschutzbehörden eingeleitet worden sind.

In Deutschland wird die App seit August 2018 vom Berliner Landesdatenschutzbeauftragten überprüft, da Nutzer Ihre Daten in der App nicht vollständig löschen können.

TikTok: Ohne Datenschutz, dafür mit Zensur

Auch die Schlagzeile, dass das US-Amerikanische Militär die App nutzte um Jugendliche für den Dienst an der Waffe zu begeistern, führte dazu, dass der Staatssekretär des amerikanischen Verteidigungsministerium Ryan McCarthy darauf hinwies, dass die Betreiber TikToks Benutzerdaten an chinesische Behörden weiterleiten würden. Auch das deutsche Bundesamt für Verfassungsschutz und der Bundesbeauftragte für Datenschutz plädieren dafür, mit dieser App sehr vorsichtig umzugehen, da sie datenschutzrechtlich sehr kritisch zu bewerten sei.

Das diese Vorwürfe aus Amerika und Deutschland nicht aus der Luft gegriffen sind, bestätigte TikTok unfreiwillig selbst – als es eine Unternehmensinterne Quelle veröffentlicht wurde. Der Facebook Gründer und Chef Mark Zuckerberg wies darauf hin, dass TikTok strenge Zensurauflagen umsetze und beim Datenschutz schlampe. Nachrichten von Umweltaktivisten in den USA würden von TikTok zensiert werden. Das belege, wie wenig TikTok an einem freien und kreativen Internet liegen würde.

 

Die Zensur TikToks dient nicht dem Datenschutz

Die nun öffentlich zugänglichen Bestimmungen TikToks welche Posts unterdrückt werden müssten, bestätigen die Aussage Zuckerbergs.

Denn Posts, die als gefährdend oder politisch identifiziert würden, werden unterdrückt, unsichtbar und damit unauffindbar gemacht. Diese Zensur wird in sechs „Moderationsstufen“ vorgenommen und findet in der Volksrepublik China – der bevölkerungsmäßig größten Diktatur der Welt – statt. Proteste, die sich gegen die chinesische Regierung oder ihre Politik richten werden auf eine „not for feed“-Liste indiziert. Dazu gehören Proteste in Hong Kong, Tibet, aber auch kurdische oder uighurische Demonstrationen. Während der jüngsten Proteste gegen die China-freundlichen Politik der Regierung Hong Kongs wurden Proteste laut, da auf TikTok so gut wie nichts von diesen Protesten zu sehen wäre. Sogar Kritik an Diktatoren wie Kim Jong-Un wird von TikTok unterdrückt.

Die spaßige und kurzweilige App für Kinder und Jugendliche ist also nicht nur eine Datenschutzrechtliche Katastrophe – sie stellt sich auch in den Dienst eines Regimes, dass Milliarden Menschen unterdrückt und Hundertausende in geheimeren Lagern interniert.

 

Bildnachweis: © Alexey Malkin (123rf.de)

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