Die digitale Vernetzung der Industrie, Unternehmen und Menschen eröffnet neue zeit- und ortsunabhängig Zugriffmöglichkeiten auf Arbeitskraft. Eine neue Form solcher Arbeit ist das Crowdworking. Im Folgenden soll versucht werden das Crowdworking in einen rechtlichen Rahmen einzuordnen und so die Frage zu beantworten, ob vor allem das Arbeitsrecht mit seinen geltenden Vorschriften den prognostizierten Wandel sachgerecht erfassen kann.

Crowdworking

Als Crowdworking bezeichnet man die Vergabe bzw. Auslagerung von konkreten Arbeiten durch einen Auftraggeber an eine in der Regel unbestimmte Menge von Menschen.  Angesprochen wird eine Gruppe von Individuen, die sogenannte Crowd. Die Crowd ist heterogen, unterschiedlich groß und von unterschiedlichem Wissensstand. Die Aufgaben werden auf eine Internet-Plattform gestellt.  Diese Online-Plattformen sind der Intermediär bzw. Vermittler zwischen Auftraggeber und Crowd.  Dadurch entsteht überhaupt die neue dezentrale und asynchrone Arbeitsform des Crowdworking. Anschließend werden die Aufgaben durch die Crowd, also durch die einzelnen Auftragnehmer in Form eines Individuums, genannt Crowdworker, erledigt. Die Übernahme erfolgt stets zu beidseitigem Vorteil. Der Auftragnehmer befriedigt ein ökonomisches Bedürfnis, während der Auftraggeber den Beitrag erhält und nutzt, der durch den Auftragnehmer erbracht wird. Grundsätzlich kann Crowdworking in allen Bereichen eines Unternehmens eingesetzt werden.

Rechtlicher Rahmen des externen Crowdworking

In Anbetracht der Trias aus Plattform, Crowd(worker) und Auftraggeber des externen Crowdworking, stellt sich die Frage nach dem rechtlichen Rahmen der Beziehungen zwischen Crowdworker und Plattform. Im Rahmen dessen ist die Frage der Arbeitnehmereigenschaft von Crowdworker von großer Relevanz. Denn Arbeitnehmer werden durch das Arbeitsrecht besonders geschützt

Crowdworker als Arbeitnehmer

Der Begriff des Arbeitnehmers findet sich seit dem 1. April 2017 in § 611a BGB. Gemäß § 611a Abs. 1 S. 1 BGB. wird der Betroffene in den Diensten eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet, so ist er ein Arbeitnehmer. Der Gesetzgeber griff hier auf Definitionselemente zurück, die in der Rechtsprechung seit Jahren genutzt werden. Nach ständiger aktueller Rechtsprechung, anknüpfend an die des Reichsarbeitsgerichts und des Reichsversicherungsamts, ist das maßgebliche Kriterium die persönliche Abhängigkeit. Diese Abhängigkeit ist von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit abhängig. Dabei ist die persönliche Abhängigkeit nicht gleichbedeutend mit Weisungsgebundenheit. Die Weisungsgebundenheit ist vielmehr nur eines von mehreren Unterscheidungsmerkmalen. Der Begriff der persönlichen Abhängigkeit sei ein sogenannter Typusbegriff, der sich aus mehreren Elementen zusammensetzt und anhand von Indizien festgestellt wird.

Typologische Methode

Gemäß der typologischen Methode soll Crowdworking nun auf Indizien untersucht werden, die für bzw. gegen eine persönliche Abhängigkeit sprechen. Anschließend soll im Rahmen einer Gesamtbetrachtung untersucht werden, ob die für die persönliche Abhängigkeit sprechenden Einzelaspekte überwiegen.

Indizien

Bezüglich der Indizien kann auf ein Repertoire an solchen aus Literatur und Rechtsprechung zurückgegriffen werden.

Freie Gestaltung der Tätigkeit und Arbeitszeit

Im Rahmen der typologischen Methode dienen die Kriterien des § 84 Abs. 1 S. 2 HGB als wichtiger Anhaltspunkt für die Typisierung eines Arbeitnehmers und die Abgrenzung zum Selbstständigen. Nach § 84 Abs. 1 S. 2 HGB ist der Betroffene selbständig, wenn er im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen zwischen Crowdworker und Plattform enthalten keine solchen Regelungen. Crowdworker arbeiten in der Regel nicht zeit- bzw. ortsgebunden. Somit bestimmen Crowdworker die Gestaltung ihrer Tätigkeit in zeitlicher und örtlicher Hinsicht selbst. Dies spricht gegen eine persönliche Abhängigkeit.

Eigenart der Tätigkeit

Zum Teil werden von der Rechtsprechung entwickelte Fallgruppen herangezogen, die auf die Eigenart der Tätigkeit abstellen. Eine solche Betrachtung in Form einer konkreten Fallgruppe lässt die Vielfalt an Crowdworking Modellen nicht zu. Jedoch lassen sich zumindest abstrakte Obergruppen bilden. Eine solche könnte im Medienrecht zu finden sein. Im Medienrecht wird danach differenziert, ob der Betroffene programmgestaltend tätig wird oder routinemäßige Tätigkeiten leistet. Während die überwiegend schöpferische Tätigkeit in der Regel eine Stellung als selbstständiger bzw. freier Mitarbeiter nahe legt, sind Routinetätigkeiten ein Indiz für die persönliche Abhängigkeit. Fraglich wie es sich mit der typischen Tätigkeit von Crowdworkern verhält. Als Untersuchungsobjekt soll ein Vergleich zwischen der Tätigkeit eines Programmierers in einem Unternehmen und der eines Crowdwork-Programmierers dienen. Der Programmierer in einem Unternehmen arbeitet nicht selten mit mehreren Programmierern zusammen. Das Ergebnis ihrer Tätigkeit ist ein einzelnes IT-Programm. Die einzelnen Werke der Programmierer lassen sich nicht voneinander trennen. Von einer schöpferischen Leistung eines Individuums kann nicht mehr gesprochen werden. Im Gegensatz dazu fehlt dem Crowdworker eine solche Interaktion. Auch die Kommunikation des Crowdworkers mit der Plattform erschöpft sich in der Zuweisung des Auftrages. Die gestalterische Entwicklung einer Lösung für die Aufgabe und die Beantwortung von Rückfragen des Auftraggebers, ist alleiniger Bereich der Gestaltungskraft des Crowdwork-Programmierers. Somit ist das Ergebnis des Auftrages auch ein schöpferischer Akt. Das Ergebnis der Untersuchung ergibt folglich, dass die Eigenart der Tätigkeit für die Kategorisierung als freier Mitarbeiter/Selbstständiger und gegen die persönliche Abhängigkeit spricht.

Indizien anhand der Allgemeinen Geschäftsbedingungen

Die Untersuchung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen zwischen Plattform und Crowdworker könnte Indizien hervorbringen, die für eine persönliche Abhängigkeit sprechen.

Bewertungs-, Rating- und Feedbacksysteme

Praktisch allen Crowdwork-Plattformen ist gemein, dass sie sich mittels Allgemeinen Geschäftsbedingungen diverse Bewertungs-, Rating- und Feedbacksysteme vorbehalten. Daraus könnte sich ein Indiz für die persönliche Abhängigkeit herleiten lassen. Fehlt ein Feedback der Plattform oder erhält der Crowdworker negative Bewertungen durch die Plattform, so ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Crowdworker einen Auftrag erhält gering. Somit ist die Plattform bezüglich dieses Aspekts vergleichbar mit der typischen Verantwortung eines Arbeitgebers. Deutlicher wird diese Vergleichbarkeit, wenn man den Fall bedenkt, dass die Plattform offline ist. Somit lässt sich aus den Bewertungs-, Rating- und Feedbacksystemen eine Vergleichbarkeit mit der Verantwortung von Arbeitgebern ableiten und im Ergebnis ein Indiz für die persönliche Abhängigkeit.

Vermittlungsbedingungen

Ein Indiz für die persönliche Abhängigkeit könnte sich aus den konkreten Vermittlungsbedingungen zwischen Plattform und Crowdworker ergeben. Diese können Bedingungen enthalten, die strikte Vorgaben enthalten, wann der Crowdworker Aufträge annehmen muss bzw. ablehnen darf. Dies steht mit der Stellung eines Selbstständigen im Widerspruch und ist damit ein Indiz für die persönliche Abhängigkeit. Solche Bedingungen sind jedoch in der Praxis eine Seltenheit. Anders verhält es sich mit Klauseln, anhand derer die Plattform Qualitätsstandards sicherstellt oder die Gewährleistung regelt. Typischerweise regelt ein Selbstständiger diese Bereiche eigenständig. Die Vermittlungsbedingungen stellen somit in der Regel, vorausgesetzt sie haben den eben genannten Inhalt, ein Indiz für die persönliche Abhängigkeit dar.

Qualitätskontrollen

Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Plattform enthalten regelmäßig Möglichkeiten der Qualitätskontrolle der Ergebnisse.

Für die Qualitätskontrolle nutzen die Plattformen spezielles Qualitätsmanagement, Peer-Reviews (Begutachtungen) und Techniken, wie zum Beispiel die Kontrolle der Aktivität des Maus-Zeigers. Immerhin ist die Auftragsvergabe von der Bewertung abhängig, die der Crowdworker nur erlangt, wenn sein Ergebnis der Qualitätskontrolle standhält. Hinzu kommen Melde-, Sanktionierungs- und Konfliktmechanismen.

Im Falle eines Verstoßes gegen plattformeigene Verhaltenskodizes, kann die Plattform Crowdworker Accounts sperren bzw. löschen.

Durch die Qualitätskontrollen und diesen Mechanismen ist der Crowdworker einem bestimmten Leistungsdruck unterworfen. Diese Elemente sind Ausprägungen einer individuellen Abhängigkeit und somit ein Indiz dieser.

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