Neues Urheberrecht für die Anforderungen der Digitalen Welt - Musiker

Gesetzentwurf zur Umsetzung der EU-Urheberrechts-Richtlinien

Hintergrund

Mit dem „Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarktes“ sollen eine Reihe von Richtlinien und notwendigen Gesetzesänderungen umgesetzt werden:

Richtlinie (EU) 2019/790:

Mit der Richtlinie (EU) 2019/790 vom 17. April 2019 über das Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt erteilte der Unionsgesetzgeber den Mitgliedstaaten einen umfangreichen Rechtsetzungsauftrag. Jene Richtlinie soll eine Antwort auf eine Vielzahl urheberrechtlicher Fragen und Aufgaben darstellen:

Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetz (UrhDaG-E):

Der Entwurf beinhaltet das (neue) Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetz. Zu finden ist es in Artikel 3 des Entwurfs. Kernelement des neuen Gesetzes ist nach § 1 UrhDaG-E die Anordnung der urheberrechtlichen Verantwortlichkeit von Upload-Plattformen für die von ihren Nutzern hochgeladenen Inhalte. Von nun an sind Upload-Plattformen also für die öffentliche Wiedergabe jener Inhalte im Grundsatz urheberechtlich verantwortlich und können sich einer Haftung nur entziehen, wenn die Plattformen den konkret geregelten Sorgfaltspflichten nachkommen. Zu diesen Sorgfaltspflichten gehört nach § 4 UrhDaG-E die Pflicht des Erwerbs bestimmter Lizenzen für die öffentliche Wiedergabe urheberrechtlich geschützter Werke. Fehlt eine Lizenz geschützter Inhalte und ist die Nutzung nicht gesetzlich oder vertraglich erlaubt, so ist der Diensteanbieter gemäß §§ 7, 8 UrhDaG-E verpflichtet, nach einer Information des Rechtsinhabers die entsprechenden Inhalte zu blockieren. Nach § 5 UrhDaG-E erlaubt der Entwurf zum Schutz der Kunstfreiheit und der sozialen Kommunikation die Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke insbesondere zu den Zwecken von Zitat, Karikatur, Parodie und Pastiche. Nach §§ 9-12 UrhDaG-E sieht der Entwurf besondere Regeln für die öffentliche Wiedergabe vor und führt nach § 9 Absatz 2 UrhDaG-E hierfür das Konzept der sog. mutmaßlich erlaubten Nutzungen ein, um unverhältnismäßige Blockierungen entsprechender Uploads beim Einsatz automatisierter Verfahren zu vermeiden: Gewisse nutzergenerierte Inhalte, die einen hinreichenden Anhalt dafür bieten, dass die Verwendung geschützter Inhalte Dritter gesetzlich erlaubt ist, muss der Diensteanbieter grundsätzlich bis zum Abschluss eines etwaigen Beschwerdeverfahrens öffentlich wiedergeben, § 9 Absatz 1 und 2 UrhDaG-E. Das ist dann der Fall, wenn Werke 3. entweder nur in geringem Umfang genutzt werden oder aber vom Nutzer als gesetzlich erlaubt gekennzeichnet sind. Vertrauenswürdige Rechtsinhaber können die Wiedergabe nach § 14 Absatz 4 UrhDaG-E bei erheblicher wirtschaftlicher Beeinträchtigung bis zur Entscheidung über die Beschwerde unterbinden, wenn die Vermutung zu widerlegen ist. Nach § 4 Absatz 3 UrhDaG-E erhalten die Kreativen für lizenzierte Nutzungen einen Direktvergütungsanspruch gegen die Plattformen. Für Streitigkeiten zwischen Plattformen, Rechtsinhabern und Nutzern stehen Beschwerdeverfahren zur Verfügung, §§ 14 und 15 UrhDaG-E.

§§ 87f-87k UrhG-E:

Weiterhin sieht der Entwurf die Einführung eines Presseverleger- und Leistungsschutzrechtes vor. Das neue Presse- und Leistungsschutzrecht schützt die wirtschaftlich-organisatorische und technische Leistung der Presseverleger bei der Erstellung von Presseveröffentlichungen, §§ 87f bis 87k UrhG-E. Die neuen Regelungen werden in das Urheberrechtsgesetz integriert.

§§ 32 ff., 36d UrhG-E:

Der Entwurf enthält Anpassungen im Urhebervertragsrecht zwischen Kreativen und Verwertern, §§ 32 ff. UrhG-E.  Geregelt werden u.a. Fragen der angemessenen Vergütung (§ 32 UrhG-E), der weiteren Beteiligung des Urhebers (§ 32a UrhG-E), der Auskunft und Rechenschaft des Vertragspartners (§ 32d UrhG-E) sowie Dritter in der Lizenzkette (§ 32e UrhG-E), der Vertretung von Kreativen durch Vereinigungen (§ 32g UrhG-E) sowie Fragen des Rückrufs wegen Nichtausübung (§ 41 UrhG-E). Auch führt der Entwurf mit § 36d UrhG-E auch einen Unterlassungsanspruch von Verbänden bei Nichterteilung von Auskünften nach §§ 32d und 32e UrhG-E ein.

§§ 44b, 60d, 60e, 60f UrhG-E

Der Entwurf beinhaltet Regelungen zu gesetzlichen Nutzungserlaubnissen für das Text und Data Mining. Dies ist eine Schlüsseltechnologie für maschinelles Lernen und Künstliche Intelligenz, §§ 44b, 60d UrhG-E. Darüber hinaus enthält der Entwurf nach §§ 60a, 60b UrhG-E Regelungen für den digitalen und grenzüberschreitenden Unterricht und die Lehre sowie für die Erhaltung des Kulturerbes, §§ 60e, 60f UrhG-E. Gleichzeitig werden §§ 60a, 60d bis 60h UrhG insoweit entfristet, wie sie die Maßgaben der DSM-RL umsetzen. Dazu wird § 142 UrhG-E geändert.

§§ 7a, 51, 52 VGG-E; Extended Collective Licences (ECL):

In Zukunft können Verwertungsgesellschaften kollektive Lizenzen mit erweiterter Wirkung vergeben. Dies stellt ein Novum im deutschen Urheberrecht dar. Kollektive Lizenzen mit erweiterter Wirkung sollen Nutzungen von Werken auf vertraglicher Grundlage erleichtern. Ein Anwendungsbeispiel sind etwa für Digitalisierungsprojekte. Der Entwurf schafft somit zum einen eine allgemeine Vorschrift für kollektive Lizenzen mit erweiterter Wirkung, sog. Extended Collective Licences, ECL, § 51 VGG-E. Darüber hinaus wird die Verwendung von „nicht verfügbaren“, also nicht im Handel erhältlichen Werken durch Kultureinrichtungen in § 52 VGG-E geregelt. Diese Bestimmungen lösen die bisherigen Regelungen zur Lizenzierung vergriffener Werke ab. Auf diese Weise können Werknutzer umfassende Lizenzen von Verwertungsgesellschaften zu geringen Transaktionskosten erwerben, und zwar in der Regel auch für Werke von Außenstehenden, § 7a VGG-E. Fehlen repräsentative Verwertungsgesellschaften, so ist die Nutzung nicht verfügbarer Werke auf der Grundlage einer gesetzlichen Erlaubnis möglich, § 61d UrhG-E.

63a UrhG-E; §§ 27-27b VGG-E:

Durch die Änderungen in §§ 63a, 27 bis 27b VGG-E wird die Verlegerbeteiligung neu reguliert. In § 63a Abs. 2 und 3 UrhG-E wird eine neuer gesetzlicher Beteiligungsanspruch des Verlegers kodifiziert. Jener setzt voraus, dass der Urheber dem Verleger ein Recht an dem verlegten Werk eingeräumt hat. Nach § 27a VGG bleibt die Möglichkeit zur nachträglichen Verlegerbeteiligung parallel zum neuen gesetzlichen Beteiligungsanspruch erhalten. Insbesondere soll der Fortbestand dieser Möglichkeit Musikverlegern dienen, die mangels Einräumung eines Rechts an dem verlegten Werk nicht auf der Grundlage des gesetzlichen Anspruchs nach § 63a UrhG-E an gesetzlichen Vergütungen beteiligt werden können. Damit dem Urheber stets ein fairer Anteil der Vergütung verbleibt, bestimmt § 27b VGG-E, dass dem Urheber hiervon mindestens zwei Drittel zustehen. Die Verwertungsgesellschaft kann in ihren Gremien eine andere Verteilung festlegen.

§ 68 UrhG-E:

Nach § 68 UrhG-E haben Vervielfältigungen eines gemeinfreien visuellen Werkes künftig keinen Leistungsschutz mehr. Dadurch wird der Zugang zu den Reproduktionen von gemeinfreien Werken, die selbst keinen Urheberrechtsschutz genießen, weil sie entweder niemals urheberrechtlich geschützt waren bzw. ihre Schutzdauer abgelaufen ist.

Urheberrecht: Richtlinie (EU) 2019/789:

Der Entwurf dient auch der Umsetzung der Online-SatCab-Richtlinie (EU) 2019/789 vom 17. April 2019. Insbesondere soll dadurch die Online Verwaltung von Rundfunkprogrammen zum Teil neu organisiert werden. Ziel der Online-SatCab-RL ist es, den grenzüberschreitenden Zugang der europäischen Zivilgesellschaft zu Rundfunkinhalten zu optimieren. Nach § 20c UrhG-E müssen Sendeunternehmen für bestimmte, unionsweit verbreitete Internet-Angebote nur noch die Rechte für den Mitgliedstaat der Europäischen Union erwerben, in dem der Sender seinen Sitz hat. Für qualifizierte Weitersendedienste verbessert die Reform die Klärung der erforderlichen Urheber-und Leistungsschutzrechte, indem der Rechteerwerb nur noch zentral über Verwertungsgesellschaften erfolgt, §§ 20b, 87 UrhG-E. Zudem bestimmt der Entwurf für das technische Verfahren der Direkteinspeisung, dass hierbei ein gemeinsamer Akt der öffentlichen Wiedergabe von Sendeunternehmen und Signalverteiler anzunehmen ist, § 20d UrhG-E.

EuGH, 29.07.2019 – C-476/17:

In der Rechtssache C- 476/17 hat der EuGH u.a. entschieden, dass die Bestimmung des § 24 UrhG mit Unionsrecht nicht vereinbar ist. Der Entwurf dient auch der „Umsetzung“ der daraus folgenden Konsequenzen.

51a UrhG-E:

Die Regelung der „freien Benutzung“ nach § 24 UrhG wird aufgehoben. Im Interesse der Nutzerinnen und Nutzer ist die Verwendung urheberrechtlich geschützter Werke zu den Zwecken der Karikatur, der Parodie und des Pastiches erlaubt, § 51a UrhG-E. Die Funktion des § 24 UrhG als Schutzbereichsbestimmung wird zukünftig also von, § 51a UrhG-E übernommen.

Uploadfilter

UrhDaG-E: Teil 3 Unerlaubte Nutzungen

§ 7 Qualifizierte Blockierung

(1)   Der Diensteanbieter ist nach Maßgabe von § 1 Absatz 2 verpflichtet, durch Sperrung oder Entfernung (Blockierung) bestmöglich sicherzustellen, dass ein Werk nicht öffentlich wiedergegeben wird und hierfür auch künftig nicht verfügbar ist, sobald der Rechtsinhaber dies verlangt und die hierfür erforderlichen Informationen zur Verfügung stellt.

Im Ergebnis sind größere Diensteanbieter bzw. Plattformen aufgrund der enormen Menge an hochgeladenen an Daten und der daraus wohl zu erwartenden entsprechenden Anzahl an Verlangen von Rechtsinhabern iSd § 7 Abs. 1 UrhDaG-E, faktisch dazu gezwungen auf Uploadfilter zurückzugreifen. Nur so ist eine wirtschaftliche Prüfung der Übereinstimmung der hochgeladenen Inhalte mit den von den Rechteinhaber zur Verfügung gestellten Informationen denkbar.

 

Bildrechte: chika_milan, stock.adobe.com

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